„Ich würde es immer wieder tun… „

Interview mit Miriam Hamade

Wann hast du das Kolleg absolviert?

Das Abitur auf dem Kolleg absolvierte ich von 2014 bis 2017. Zu dieser Zeit war ich 21-24 Jahre alt.

Wie war deine Lebenssituation zu der Zeit?

Meine damalige Lebenssituation war ziemlich schwierig, was mich häufig mit den Gedanken spielen lassen hat aufzugeben. Meine Mutter war schwer krank und starb einige Monate bevor die Abiprüfungen begonnen haben. Es war die schwierigste Zeit meines Lebens bisher, in welcher mir die LehrerInnen des Kollegs stets beiseite standen und den Glauben an mich nicht aufgegeben haben. Heute bin ich dafür mehr als dankbar und überaus glücklich den Weg über das Kolleg gegangen zu sein. Das Abitur hatte ich aufgrund der schwierigen Situation zu Hause aus den Augen verloren und wusste nicht immer ganz genau wohin mit mir. Zudem haben es die Schulen, die ich zuvor besuchte, aufgrund meines Migrationshintergrundes, mir nicht einfacher gemacht. Sie schickten mich in der Orientierungsstufe auf die Hauptschule, sodass ich den Glauben an eine akademische Laufbahn aus den Augen verlor. Nachdem ich die 10 Klasse absolvierte, machte ich eine Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten.

Was hat dich dazu motiviert das Abi nachzuholen?

In dieser Zeit wurde schnell klar, dass da noch mehr ist – ich wollte Medizin studieren und dafür bräuchte ich das Abitur. Schnell merkte ich aber, dass mich Fächer wie Psychologie, deutsche Literatur und Geschichte viel mehr interessierten und so versuchte ich mich nach dem Abitur mit einem Psychologiestudium in Köln.

Welche Gefühle löst diese Zeit rückblickend in dir aus?

Die Zeit auf dem Kolleg löst in mir ein Gefühl von purem Glück und Dankbarkeit aus. Ich bin nie über eine Entscheidung so glücklich gewesen, wie mit dieser. Es spielte keine Rolle wer oder was man ist, auf dem Kolleg wurde man genau so angenommen, wie man ist. Es wurde einem stets in jeder Hinsicht geholfen und keiner wurde mit seinen Problemen allein gelassen oder ausgegrenzt. Dafür bin ich sehr dankbar!

Was hast Du mit dem Abitur in der Tasche gemacht?

Mittlerweile lebe ich in Berlin und beginne im April die Masterarbeit, welche ich voraussichtlich im September dieses Jahres abgeben werde. Danach strebe ich die Ausbildung zur Psychotherapeutin an, womit ich mir den Traum einer eigenen Praxis als Psychotherapeutin erfüllen möchte, um im Anschluss ggf. zu promovieren.

Was würdest du jemanden raten, der vor der gleichen Entscheidung steht, wie du damals?

Falls es dem ein oder anderen ähnlich ergehen sollte, dann traut euch und geht aufs Kolleg! Ich selbst hatte vor Beginn des Kollegs wahnsinnige Angst und habe immer geglaubt es nie schaffen zu werden. Ich dachte ständig ich wäre verrückt, es nur ansatzweise mir vorstellen zu können jemals das Abitur zu schaffen. Doch die Tatsache, dass jedem auf dem Kolleg eine zweite Chance geboten wird und jede/jeder dabei in vollen Zügen unterstützt wird ihre/seine Ziele zu realisieren, ist das Risiko wert! Ich würde es immer wieder tun, denn es waren die prägendsten und schönsten drei Jahre, in denen ich auch Freunde fürs Lebens gefunden habe.